War­um die For­de­rung eines Bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens nicht in das Pro­gramm einer lin­ken, sozia­lis­ti­schen Par­tei gehört.

Der Text ent­stand 2010 im Rah­men der Pro­gramm­de­bat­te der Par­tei DIE LINKE als Replik auf die Wort­mel­dung von Ste­fan Wolf.

Mas­sen­er­werbs­lo­sig­keit, Mas­sen­ar­mut und Umver­tei­lung von unten nach oben, unzu­rei­chen­de sozia­le und öffent­li­che Leis­tun­gen für Bil­dung und Erzie­hung, Gesund­heit und Kul­tur, zuneh­men­de sozia­le Spal­tung und Unge­rech­tig­keit, Aus­höh­lung der Demo­kra­tie, fort­schrei­ten­de Erd­er­wär­mung und öko­lo­gi­sche Zer­stö­rung, impe­ria­lis­ti­sche Aus­plün­de­rung ärme­rer Län­der und Krie­ge in aller Welt – das sind die ent­schei­den­den Pro­ble­me, denen sich DIE LINKE stel­len und für die sie Ant­wor­ten bie­ten muss. Ant­wor­ten, die geeig­net sind, durch erfolg­rei­che Kämp­fe gesell­schaft­li­cher und poli­ti­scher Kräf­te rea­le Ver­bes­se­run­gen und den Ein­stieg in einen grund­le­gen­den sozi­al-öko­lo­gi­schen Umbau zu errei­chen und den Weg zu einer sozia­lis­ti­schen Umge­stal­tung zu öffnen.

DIE LINKE hat Ant­wor­ten, sie ste­hen unter ande­rem im Ent­wurf für ein neu­es Par­tei­pro­gramm. Als zen­tra­le Ursa­che und Hin­der­nis für eine sozia­le Bewäl­ti­gung der Pro­ble­me haben wir die Herr­schaft kapi­ta­lis­ti­scher Wirt­schafts­wei­se und Inter­es­sen erkannt. Des­halb ist unse­re Per­spek­ti­ve die Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus durch eine demo­kra­tisch-sozia­lis­ti­sche Wirt­schafts- und Gesell­schafts­ord­nung. Die For­de­rung nach einem Bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­men (BGE) leis­tet zu die­sen Alter­na­ti­ven kei­nen pro­duk­ti­ven Bei­trag, son­dern des­ori­en­tiert vie­le Men­schen auf eine unge­eig­ne­te und illu­so­ri­sche For­de­rung. Sie lenkt ab von den tat­säch­lich rele­van­ten gesell­schaft­li­chen und poli­ti­schen Alter­na­ti­ven und Kämp­fen. Die­se Auf­fas­sung will ich im Fol­gen­den begründen.

Dabei ist für mich klar: Selbst­ver­ständ­lich kann jede/r Lin­ke einem BGE anhän­gen oder dafür Pro­pa­gan­da machen, auch wenn nichts dazu im Pro­gramm steht. DIE LINKE ist eine plu­ra­le Par­tei, die sozi­al gesinn­te Men­schen unter­schied­li­cher Auf­fas­sun­gen mit­neh­men will. Wir haben ja auch vie­le christ­li­che oder ande­re Gläu­bi­ge oder Ver­tre­te­rIn­nen diver­ser ande­rer Spe­zi­al­an­lie­gen in der Par­tei, und das ist auch gut so. Pro­ble­ma­tisch fin­de ich aller­dings, wenn Anhän­ge­rIn­nen des BGE in der LINKEN orga­ni­siert ver­su­chen, die­se For­de­rung der Par­tei ins­ge­samt auf­zu­drü­cken und sie damit für einen Zweck zu usur­pie­ren, der mit den Tra­di­tio­nen und ori­gi­nä­ren Zie­len einer lin­ken, sozia­lis­ti­schen Par­tei nichts zu tun hat. Woge­gen die Mehr­heit der akti­ven Par­tei­mit­glie­der eigent­lich ande­res und bes­se­res zu tun hat, als eine Aus­ein­an­der­set­zung um die­se Fra­ge zu führen.

Angeb­lich und tat­säch­lich Beson­de­res eines BGE

Ste­fan Wolf führt Umfra­gen ins Feld, die ver­meint­lich zei­gen, dass Mehr­hei­ten für ein BGE wären. Das hängt immer davon ab, wie gefragt wird und in wel­chen Zusam­men­hang das gestellt wird und ob den Leu­ten die Bedin­gun­gen und Kon­se­quen­zen klar sind. Falsch und irre­füh­rend ist schon die for­mu­lier­te Prä­mis­se, dass „auf län­ge­re Sicht nicht mehr genug Arbeit für alle da“ sei. Es ist kein Pro­blem, ande­re Umfra­gen durch­zu­füh­ren und mehr­heit­li­che Zustim­mung zu For­de­run­gen zu bekom­men, die fak­tisch unver­ein­bar mit einem BGE sind oder zumin­dest ganz ande­re Prio­ri­tä­ten deut­lich machen. Die Mehr­hei­ten unter den Mit­glie­dern für eine bedarfs­ge­rech­te, repres­si­ons­freie sozia­le Grund­si­che­rung sind jeden­falls größer.

Das zen­tra­le und grund­le­gen­de Inter­es­se, das Erwerbs­lo­se wie Beschäf­tig­te arti­ku­lie­ren, ist das nach einer gut bezahl­ten Arbeit, die ihren Fähig­kei­ten und Nei­gun­gen gerecht wird und mit sozia­ler Aner­ken­nung ver­bun­den ist. Erst recht gilt für die Lohn­ab­hän­gi­gen als Klas­se und für die gro­ße Mehr­heit der Bevöl­ke­rung ins­ge­samt, dass Abbau und Über­win­dung der Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit die zen­tra­le sozia­le Her­aus­for­de­rung ist. Das wür­de enorm auch die Kräf­te­ver­hält­nis­se in Betrie­ben und Gesell­schaft, die Finanz­la­ge des Sozi­al­staats und die Bedin­gun­gen für die Durch­set­zung sozi­al-öko­lo­gi­schen Fort­schritts verbessern.

Mit Sicher­heit war den meis­ten Befrag­ten nicht klar (gemacht wor­den), dass der Unter­schied eines BGE zu den in der Lin­ken breit kon­sens­fä­hi­gen For­de­run­gen einer sozia­len Siche­rung im Alter, für Kin­der, bei Krank­heit und Erwerbs­un­fä­hig­keit und bei Erwerbs­lo­sig­keit nicht dar­in besteht, dass allen ein zur Exis­tenz­si­che­rung und sozia­len Teil­ha­be hin­rei­chen­des Ein­kom­men gewähr­leis­tet wer­den soll. Denn dies kann eben­so und viel ein­fa­cher und rea­lis­ti­scher durch ver­bes­ser­te bedarfs­ab­hän­gi­ge Kon­zep­te erreicht wer­den. Die­se kön­nen repres­si­ons­frei und bür­ger­rechts­kon­form gestal­tet wer­den. Die Erfas­sung von Ein­kom­men und Bedarf als sol­che kann nicht als Repres­si­on oder Dis­kri­mi­nie­rung betrach­tet wer­den, zumal eine Ein­kom­mens­er­fas­sung zu Besteue­rungs­zwe­cken bei einem BGE eben­falls nötig wäre.

Der Unter­schied eines BGE gegen­über bedarfs­ab­hän­gi­ger sozia­ler Siche­rung besteht vor allem dar­in, zig Mil­lio­nen Men­schen, die bereits ohne staat­li­che BGE-Leis­tung über hin­rei­chen­des Ein­kom­men ver­fü­gen, zusätz­lich ein BGE in die Tasche zu ste­cken. Und es zugleich aus der ande­ren Tasche über exor­bi­tant höhe­re Steu­ern wie­der her­aus zu zie­hen, um die­ses BGE finan­zie­ren zu können.

Die BGE-Anhän­ge­rIn­nen behaup­ten nun, mit einem BGE wür­den alle mög­li­chen Pro­ble­me auf einen Schlag gelöst. Alles wür­de gerech­ter, nie­mand mehr unter schlech­ten Bedin­gun­gen arbei­ten, Min­dest­lohn und Son­der­leis­tun­gen gäbe es zusätz­lich, Büro­kra­tie und Kon­trol­len wür­den über­flüs­sig, Stig­ma­ti­sie­rung und Abhän­gig­kei­ten besei­tigt. Das sind heh­re Wün­sche und Absich­ten. Doch die tat­säch­li­chen Wir­kun­gen eines BGE unter kapi­ta­lis­ti­schen Ver­hält­nis­sen wären völ­lig andere.

Rea­le Wir­kun­gen eines BGE im Kapitalismus

Tat­säch­lich wür­de die Gesell­schaft und ins­be­son­de­re ihre lohn­ab­hän­gi­ge Mehr­heit sich durch die­ses gewal­tig auf­ge­bla­se­ne Geld­um­ver­tei­lungs­ka­rus­sel eine Viel­zahl zusätz­li­cher Pro­ble­me ein­han­deln. An den Lohn könn­te nicht mehr der Anspruch gerich­tet wer­den, min­des­tens eine exis­tenz­si­chern­de Höhe zu haben, denn jeder Ver­dienst hät­te den Cha­rak­ter eines Zuver­diens­tes zum BGE. Die Ren­di­te­an­sprü­che des Kapi­tals wür­den dage­gen durch ein BGE nicht gemin­dert. Es ist zu erwar­ten, dass die Ein­kom­mens­ver­tei­lung unter sol­chen Bedin­gun­gen noch unge­rech­ter wäre als sie es heu­te schon ist.

Die Men­schen wären dann nicht – wie die BGE-Anhän­ge­rIn­nen hof­fen – weni­ger, son­dern noch viel mehr als heu­te bereit, für einen mini­ma­len Lohn und unter pre­kä­ren Bedin­gun­gen zu arbei­ten. So wie schon heu­te vie­le, die in einem Mini­job für Nied­rig­löh­ne „hin­zu­ver­die­nen“, obwohl ihr Ein­kom­men im Haus­halts­zu­sam­men­hang oder z.B. durch Bafög plus Eltern­zu­schuss oft­mals BGE-Niveau über­schrei­tet. Oder die Hartz IV-Bezie­hen­den, die bereit­wil­lig und kei­nes­wegs nur erzwun­gen einen Ein-Euro-Job machen. Selbst nur hun­dert Euro oder ein paar mehr im Monat könn­ten sich loh­nen, wären bes­ser als nur BGE. Die Sche­re im Ein­kom­men und damit in der gesell­schaft­li­chen Aner­ken­nung zwi­schen Arbeits­kräf­ten mit beson­ders gefrag­ten Qua­li­fi­ka­tio­nen und sol­chen mit gerin­gen oder über­reich­lich ange­bo­te­nen Qua­li­fi­ka­tio­nen wür­de noch weit stär­ker als heu­te aus­ein­an­der gehen.

BGE wäre fak­tisch der uni­ver­sel­le Kom­bi­lohn als Lohn­sub­ven­ti­on für das Kapi­tal. Die lin­ken BGE­le­rIn­nen for­dern dage­gen zusätz­lich Min­dest­lohn, aber for­dern kann man viel, wenn der Tag lang ist. Es wür­de unter die­sen Bedin­gun­gen nicht funk­tio­nie­ren, weil kei­ne hin­rei­chen­den Inter­es­sen und Kräf­te dafür zu mobi­li­sie­ren wären, weil vie­le Mil­lio­nen ihn unter­lau­fen wür­den. Der Kon­troll­auf­wand wäre gigan­tisch. Dazu käme gewal­tig ver­schärft das jetzt schon bestehen­de Pro­blem der Ver­wand­lung von sozi­al abge­si­cher­ter Beschäf­ti­gung in pre­kä­re Selbst­stän­dig­keit und „Ich-AGs“. Z.B. im Hand­werk, in Han­del und Ver­trieb, in den Medi­en­bran­chen, bei Taxen und Spe­di­tio­nen, bei per­so­nen­be­zo­ge­nen Dienst­leis­tun­gen, aber zuneh­mend auch per Aus­la­ge­rung in der Indus­trie. Die­se Selbst­stän­di­gen bie­ten dann not­ge­drun­gen, weil sie sonst kei­ne Auf­trä­ge bekom­men, ihre Leis­tun­gen zu Dum­ping­be­din­gun­gen an. Es ist nicht mög­lich, ihnen flä­chen­de­ckend Min­dest­ent­gel­te bzw. ‑prei­se vor­zu­schrei­ben. Sie trei­ben damit die Zer­stö­rung von Arbeits­plät­zen, die noch zu kor­rek­ten tarif­li­chen oder auch Min­dest­lohn-Bedin­gun­gen bestehen, wei­ter voran.

Die Heils­er­war­tun­gen, die die Anhän­ge­rIn­nen mit einem BGE ver­bin­den, zeu­gen also von erheb­li­chen Schwä­chen in der Erkennt­nis des Kapi­ta­lis­mus und sei­ner Funk­ti­ons­wei­se. Ste­fan Wolf schreibt gar von einer „Spal­tung der Gesell­schaft in zwei Klas­sen“, näm­lich von Trans­fer­be­zie­hen­den und nicht Trans­fer­be­zie­hen­den, die durch ein Grund­ein­kom­men ver­hin­dert wür­de. Die tat­säch­lich den Kapi­ta­lis­mus prä­gen­de Klas­sen­spal­tung zwi­schen Lohn­ab­hän­gi­gen und Kapi­ta­lis­ten und die Not­wen­dig­keit gemein­sa­men Han­delns von beschäf­tig­ten und erwerbs­lo­sen Lohn­ab­hän­gi­gen dage­gen spielt in sei­nen Aus­füh­run­gen kei­ne Rol­le. Die Arbeits­lo­sig­keit wird als Resul­tat von „nicht genug Arbeit da“ betrach­tet statt der kapi­ta­lis­ti­schen Pro­duk­ti­ons­ver­hält­nis­se und weil die erfor­der­li­che Arbeit gesell­schaft­lich nicht finan­ziert wird. Was einen Bruch­teil der Kos­ten eines BGE ver­ur­sa­chen wür­de. Wenn man dage­gen eine halb­wegs rea­lis­ti­sche und fun­dier­te Sicht auf die gesell­schaft­li­chen Herr­schafts- und Kräf­te­ver­hält­nis­se hat, ist es m.E. gera­de­zu absurd zu mei­nen, ein BGE wie es sich Lin­ke wün­schen könn­ten, hät­te im Kapi­ta­lis­mus nur den Hauch einer Chan­ce auf Verwirklichung.

Finan­zie­rungs­pro­ble­me eines BGE

Zur Finan­zie­rung eines BGE wären nied­rig gerech­net min­des­tens zusätz­lich 500 Mil­li­ar­den Euro jähr­li­che öffent­li­che Ein­nah­men not­wen­dig. Das wäre etwa eine Ver­dopp­lung der bis­he­ri­gen Steu­er­ein­nah­men. Zum Ver­gleich: Die bis­he­ri­gen steu­er­po­li­ti­schen For­de­run­gen der LINKEN inkl. Mil­lio­närs­teu­er erge­ben viel­leicht 160 Mil­li­ar­den Euro, von denen über die Hälf­te für zusätz­li­che Aus­ga­ben für ein Zukunfts­pro­gramm und mehr öffent­li­che Beschäf­ti­gung für Bil­dung, Sozia­les, öko­lo­gi­schen Umbau usw. ver­plant sind.

Um ein BGE zu finan­zie­ren, müss­te jede Erwerbs­tä­tig­keit – nur die­se ist in letz­ter Instanz die Quel­le von Steu­er­ein­nah­men – ab dem ers­ten Euro mit etli­chen zig Pro­zent zusätz­li­chen Ein­kom­men­steu­ern oder Mehr­wert­steu­ern belegt wer­den. Wer ein BGE will, muss bereit sein, dies mit strik­ten Kon­trol­len und Sank­tio­nen gegen Steu­er­hin­ter­zie­hung auch durch­zu­set­zen, sonst ist selbst eine theo­re­ti­sche Finan­zier­bar­keit nicht mög­lich (rea­lis­tisch ist sie ohne­hin nicht). Erfas­sung und Kon­trol­le aller Ein­kom­men wür­den also unter dem Regime eines BGE nicht weni­ger, son­dern noch viel umfas­sen­der und lücken­lo­ser als heu­te not­wen­dig. Denn der Anreiz, infor­mell und „schwarz“ am Finanz­amt vor­bei zu arbei­ten wäre viel­fach höher als heu­te, gera­de bei nied­ri­gen Ein­kom­men, die heu­te kaum mit Steu­ern belegt sind.

Auch mit einem BGE gäbe es in der Gesell­schaft wei­ter­hin einen Unter­schied zwi­schen den­je­ni­gen, die erwerbs­tä­tig sind und damit die Finan­zie­rung des Sozi­al­staats tra­gen, und denen, für die das nicht zutrifft. Und weil die Leu­te nicht blöd sind, wäre ihnen das auch klar. Und eben­so wie das heu­te der Fall ist, könn­te das zu Stig­ma­ti­sie­run­gen genutzt wer­den und anti­so­zia­len Kräf­ten als Anknüp­fungs­punkt die­nen, Kam­pa­gnen gegen Erwerbs­lo­se zu füh­ren und einen Abbau sozia­ler Leis­tun­gen zu propagieren.

Kein BGE ohne Erwerbsarbeit

Die Vor­stel­lung, dass ein BGE die sozia­len Spal­tun­gen ver­hin­dern und eine Gleich­wer­tig­keit aller Arbeits- und Tätig­keits­for­men her­bei­füh­ren wür­de, geht an den rea­len öko­no­mi­schen Bedin­gun­gen völ­lig vor­bei. Es geht dabei nicht um den Arbeits­be­griff, schon gar nicht um das Men­schen­bild. Ich stim­me völ­lig zu, dass es gesell­schaft­lich not­wen­di­ge Arbeit auch außer­halb der Erwerbs­ar­beit gibt und dar­über hin­aus vie­le ande­re Tätig­kei­ten, die eben­falls unver­zicht­bar für das mensch­li­che und gesell­schaft­li­che Leben sind. Aber das ändert nichts an ihrer objek­tiv unter­schied­li­chen öko­no­mi­schen Bedeutung.

Denn nur Erwerbs­ar­beit, also Arbeit zum Zweck des Geld­erwerbs, ist in der bür­ger­li­chen Gesell­schaft im öko­no­mi­schen Sin­ne wert­schöp­fend. Das ist kei­ne mora­li­sche Bewer­tung, son­dern heißt, nur sie pro­du­ziert die Waren und Dienst­leis­tun­gen, die mit Geld gekauft wer­den, und zugleich die Ein­kom­men, mit denen sie bezahlt wer­den. Grund­ein­kom­men beruht daher wie jede Geld­leis­tung voll­stän­dig auf ver­all­ge­mei­ner­ter Erwerbs­ar­beit. Wer Geld aus­gibt um etwas zu kau­fen, kom­man­diert damit die Arbeit ande­rer Men­schen. Er oder sie ver­an­lasst, dass ande­re gegen Ent­gelt eine Arbeit machen, nicht weil sie ihnen Spaß macht oder sie sie beson­ders sinn­voll fin­den, son­dern weil sie das Bedürf­nis der­je­ni­gen befrie­digt, die bezah­len. Wer Erwerbs­ar­beit per se als ent­frem­det und zwang­haft kri­ti­siert und sie des­halb über­win­den will, kann dazu nicht Geld­leis­tun­gen fordern.

Wer die­se unter­schied­li­che öko­no­mi­sche Bedeu­tung der ver­schie­de­nen Arbei­ten über­win­den will, muss ent­we­der alle Arbeit zu Erwerbs­ar­beit machen, was weder wün­schens­wert noch rea­lis­tisch ist. Oder eine Wirt­schaft orga­ni­sie­ren, die ohne Geld aus­kommt, was auch abseh­bar nicht ansteht. Und dann gäbe es auch kein BGE, denn das ist ja eine Geldleistung.

Aller Sozi­al­auf­wand wird immer aus der lau­fen­den Wert­schöp­fung finan­ziert, also aus dem durch Erwerbs­ar­beit pro­du­zier­ten Brut­to­in­lands­pro­dukt bzw. Volks­ein­kom­men. Steu­ern oder Sozi­al­bei­trä­ge min­dern immer die Net­to­ein­kom­men bzw. die Kauf­kraft der Erwerbs­tä­ti­gen. Die Vor­stel­lung, die Sozi­al­leis­tun­gen allein zu Las­ten der Kapi­tal­ein­kom­men – die ja auch nicht vom Him­mel fal­len, son­dern auf der Aus­beu­tung der Arbei­ten­den beru­hen – finan­zie­ren zu kön­nen anstatt zu Las­ten der Arbeits­ein­kom­men, ist völ­lig unrea­lis­tisch. Dies soll kein Argu­ment gegen hohe Sozi­al­leis­tun­gen oder gegen hohe Steu­ern auf Gewin­ne und Ver­mö­gen sein, son­dern auf rea­le öko­no­mi­sche und poli­ti­sche Bedin­gun­gen und Gren­zen auf­merk­sam machen, die berück­sich­tigt wer­den müssen.

Eine wie auch immer gear­te­te grund­sätz­li­che Ent­kopp­lung der Sozi­al­leis­tun­gen von der Erwerbs­ar­beit ist also schlicht­weg unmög­lich. Rich­tig ist statt­des­sen, egal wie die Finan­zie­rung kon­kret gestrickt ist: Je höher die Erwerbs­be­tei­li­gung und die Arbeits­ein­kom­men sind und je nied­ri­ger die Erwerbs­lo­sig­keit ist, des­to höher kön­nen die Sozi­al­leis­tun­gen im Ver­hält­nis zur Abga­ben­be­las­tung sein und des­to eher sind sie damit auch poli­tisch durchsetzbar.

Ver­kür­zung und gerech­te Ver­tei­lung der Arbeit statt BGE

An einer Poli­tik, die für ein hin­rei­chen­des Ange­bot guter Arbeits­plät­ze sorgt, führt also für Lin­ke kein Weg vor­bei, auch und gera­de im Inter­es­se der Erwerbs­lo­sen, ihrer Chan­cen auf eine gute Arbeit und auch auf hohe Sozi­al­leis­tun­gen. Das ist der not­wen­di­ge Kern einer öko­no­misch und gesell­schaft­lich trag­fä­hi­gen sozia­len Alter­na­ti­ve. Eine Lin­ke, die dies igno­rier­te, wür­de nie­der­ge­hen und sie hät­te es auch nicht bes­ser verdient.

Lin­kes Ziel ist die Ver­kür­zung und gerech­te Ver­tei­lung aller gesell­schaft­lich not­wen­di­gen Arbeit auf alle arbeits­fä­hi­gen Mit­glie­der der Gesell­schaft. Dabei gilt: Die all­ge­mei­ne Arbeits­zeit kann um so mehr ver­kürzt wer­den, auf je mehr Schul­tern sie ver­teilt wird, wenn also mög­lichst alle Arbeits­fä­hi­gen betei­ligt sind. Mit einem BGE den Aus­stieg oder die Aus­gren­zung der einen aus der Erwerbs­ar­beit zu ali­men­tie­ren und die ande­ren dafür um so mehr arbei­ten zu las­sen, ist m.E. kein lin­kes Ziel.

Heu­te ist ein BGE beson­ders für vie­le Lang­zeit­er­werbs­lo­se und pre­kär Selbst­stän­di­ge attrak­tiv, die sich davon eine Ver­bes­se­rung ihrer Lage erhof­fen, durch­aus ver­ständ­lich. Die gro­ße Mehr­heit der Beschäf­tig­ten und die Gewerk­schaf­ten haben dar­an kein Inter­es­se. Was Ste­fan Wolf und wider bes­se­res Wis­sen immer wie­der Ronald Blasch­ke (BAG Grund­ein­kom­men) zur Hal­tung von ver.di ver­brei­ten, ist irre­füh­rend. Der mit über­wäl­ti­gen­der Mehr­heit gefass­te Beschluss des letz­ten Bun­des­kon­gres­ses ist ein­deu­tig: „ver.di lehnt die der­zeit dis­ku­tier­ten Kon­zep­te eines Bür­ger­gel­des bzw. bedin­gungs­lo­sen Grund­ein­kom­mens ab. Staat­li­che Hil­fe­leis­tun­gen müs­sen Bedürf­ti­ge erhal­ten, nicht die gesam­te Bevöl­ke­rung.(…) Tei­le der Alter­na­tiv­be­we­gung stre­ben ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men weit ober­halb des bis­he­ri­gen Grund­si­che­rungs­ni­veaus an. (…) Für sol­che Kon­zep­tio­nen gibt es weder öko­no­misch noch poli­tisch Rea­li­sie­rungs­mög­lich­kei­ten. Zu befürch­ten ist viel­mehr, dass damit von den gewerk­schaft­li­chen Alter­na­ti­ven abge­lenkt und neo­li­be­ra­len Bür­ger­geld­kon­zep­ten Vor­schub geleis­tet wird, die sich gegen Min­dest­löh­ne, Tarif­ver­trä­ge, Mit­be­stim­mung und den Sozi­al­staat wenden.“

Lin­kes Ziel muss es statt­des­sen sein, Mas­sen- und Lang­zeit­er­werbs­lo­sig­keit sowie pre­kä­re, unge­si­cher­te und unter­be­zahl­te Erwerbs­tä­tig­keit zu besei­ti­gen. Ziel ist allen Men­schen ein Recht auf gute und ange­mes­sen bezahl­te Arbeit zu gewähr­leis­ten und dar­aus ein Ein­kom­men, das höher als ein noch so kom­for­ta­bles BGE läge. Damit wür­de zugleich das Bedürf­nis an einem BGE weit­ge­hend entfallen.

BGE und LINKE

Dies ist zugleich der Weg in Rich­tung Sozia­lis­mus. Für die sozia­lis­ti­sche Per­spek­ti­ve ist die Anfor­de­rung zen­tral, den gesell­schaft­li­chen Arbeits­pro­zess, Pro­duk­ti­ons- und Eigen­tums­ver­hält­nis­se der Herr­schaft des Kapi­tals zu ent­zie­hen und demo­kra­tisch zu gestal­ten. Auch dazu leis­tet die Ori­en­tie­rung auf ein BGE kei­nen Beitrag.

Aus all die­sen Grün­den gehört die For­de­rung nach einem BGE nicht in ein Par­tei­pro­gramm der LINKEN, son­dern wür­de sie spal­ten, viel­leicht sogar zer­stö­ren. Ich könn­te einem sol­chen Pro­gramm jeden­falls nicht zustim­men und eine Par­tei, die die­se For­de­rung als Alter­na­ti­ve prä­sen­tie­ren wür­de, nicht unter­stüt­zen, weil ich sie für falsch und schäd­lich hal­te. Um für den inner­par­tei­li­chen Frie­den aber klar zu machen, dass DIE LINKE Raum bie­tet für das Ver­tre­ten und die Dis­kus­si­on die­ser Ziel­vor­stel­lung, könn­te ich mir im Kapi­tel zur Sozia­len Siche­rung eine For­mu­lie­rung etwa wie folgt vor­stel­len: „Vie­le in der LINKEN stre­ben dar­über hin­aus ein Bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­men für alle an und erwar­ten sich davon die Über­win­dung von Abhän­gig­kei­ten und Stig­ma­ti­sie­run­gen.“ Weil das ist anschei­nend so die Rea­li­tät, auch wenn ich es nicht sinn­voll finde.