Ralf Krä­mer, 01.08.2018

Die BAG Grund­ein­kom­men in und bei der Par­tei DIE LINKE hat 2017 ein über­ar­bei­te­tes Kon­zept für ein bedin­gungs­lo­ses Grund­ein­kom­menvor­ge­legt. Ich habe dazu eine dif­fe­ren­zier­te Kri­tik, ins­be­son­de­re auch an der Finan­zie­rungs­kon­zep­ti­on geschrie­ben und auch der BAG zuge­sen­det. Nun hat Ste­fan Wolf, Spre­cher der BAG, eine Ant­wort dar­auf geschrie­ben, auf die ich hier ein­ge­he. Zunächst mal möch­te auch ich ihm dafür dan­ken. Ste­fan Wolf ist einer von weni­gen unter den lin­ken BGE-Anhän­ge­rIn­nen, die sich ernst­haft mit die­sen öko­no­mi­schen und finan­zi­el­len Fra­gen befas­sen. Sei­ne Ant­wort auf mei­ne Kri­tik ist aber lei­der nicht stichhaltig.

Ste­fan Wolf bemän­gelt, ich wür­de die For­de­run­gen der BAG zur Aus­wei­tung der steu­er­li­chen Bemes­sungs­grund­la­ge aus­blen­den, wenn ich mich auf die Sum­me der Ein­künf­te aus der Ein­kom­men­steu­er­sta­tis­tik von 1416 Mrd. Euro (+ 59 Mrd. Euro wei­te­re Kapi­tal­erträ­ge) bezie­he und damit die von der BAG als Bemes­sungs­grund­la­ge für eine Grund­ein­kom­mens­ab­ga­be ange­nom­men 1672 Mrd. Euro (alle Zah­len für 2013) bestrei­te. Doch die Sum­me der zu ver­steu­ern­den Ein­kom­men, auf die dann tat­säch­lich der Steu­er­ta­rif ange­legt wur­de, betrug sogar nur 1185 Mrd. Euro. Die von mir betrach­te­te Sum­me der Ein­künf­te ist eine Grö­ße vor allen Abzü­gen von Son­der­aus­ga­ben, außer­ge­wöhn­li­chen Belas­tun­gen, Kin­der­frei­be­trä­gen usw. und damit eher zu hoch ange­setzt.Allein der Weg­fall all die­ser Abzü­ge hät­te bei unver­än­der­ten Steu­er­sät­zen eine Erhö­hung der durch­schnitt­li­chen Steu­er­be­las­tung aller Ein­kom­men um vier Pro­zent­punk­te bedeu­tet. Die BAG nimmt offen­bar die Pri­mär­ein­kom­men aus der volks­wirt­schaft­li­chen Gesamt­rech­nung zur Grund­la­ge, deren Berech­nung aber von einer steu­er­li­chen in meh­re­ren Punk­ten abweicht. Unter ande­rem sind auch in der Grö­ßen­ord­nung von min­des­tens 50 Mrd. Euro Miet­wer­te selbst genutz­ten Wohn­ei­gen­tums ent­hal­ten, die bis­her steu­er­frei sind und dann voll mit Abga­ben belegt wer­den müssten.

 

Ste­fan Wolf weist mei­ne Kri­tik an den Effek­ten der von der BAG gefor­der­ten Sach­ka­pi­tal­ab­ga­be damit zurück, dass eine höhe­re Belas­tung der Unter­neh­men durch­aus gewollt sei. Ja, sicher wol­len Lin­ke das, doch bereits das Steu­er­kon­zept der LINKEN, das weit­ge­hend für die Finan­zie­rung der ande­ren For­de­run­gen der Par­tei ver­plant ist, reizt die dafür vor­han­de­nen Spiel­räu­me durch höhe­re Steu­er­sät­ze, brei­te­re Bemes­sungs­grund­la­ge und weni­ger Umge­hungs­mög­lich­kei­ten sowie eine zusätz­li­che hohe Ver­mö­gen­steu­er wei­test­ge­hend aus. Eine zusätz­li­che Abga­be on top, die allein die bis­he­ri­ge Steu­er­be­las­tung der Unter­neh­mens­ge­win­ne mehr als ver­dop­peln wür­de, dürf­te damit nicht ver­ein­bar sein. Zudem wider­legt Wolf nicht, dass die Ein­nah­men erheb­lich gerin­ger als von der BAG ange­nom­men sein wür­den, weil Schul­den gegen­ge­rech­net wer­den müss­ten und weil ein rele­van­ter Teil des Sach­ver­mö­gens in öffent­li­chem Eigen­tum ist.

Ste­fan Wolf gesteht zu, dass die Pri­mär­ener­gie­ab­ga­be höhe­re Belas­tun­gen der Haus­hal­te als im BAG.-Konzept ange­nom­men erge­ben wür­den. Er bezwei­felt jedoch mei­ne Annah­me, dass sie letzt­lich kom­plett auf die pri­va­ten Haus­hal­te über­wälzt wür­de. Dies ist aber in Bezug auf sol­che indi­rek­ten Abga­ben die wis­sen­schaft­lich übli­che Annah­me, dass die­se im End­ef­fekt in höhe­ren Prei­sen mün­den. Jeden­falls sind Belas­tun­gen von min­des­tens 1000 Euro pro Per­son und Jahr weit­aus rea­lis­ti­scher als die von der BAG ange­nom­me­nen 100 Euro.

In Bezug auf die Ren­ten­ver­si­che­rung habe ich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass ein Über­gang zu dem von der BAG vor­ge­schla­ge­nen Modell eine Umstel­lungs­zeit von min­des­tens 40 bis 50 Jah­ren erfor­dern wür­de. Ste­fan Wolf meint dazu, „mit etwas Krea­ti­vi­tät soll­te sich aller­dings auch dafür eine sinn­vol­le Lösung fin­den las­sen“. Doch wie auch immer man einen sol­chen Über­gang gestal­ten wür­den, auf jeden Fall wür­den die Aus­ga­ben der Ren­ten­ver­si­che­rung und die not­wen­di­gen Bei­trag­sät­ze über meh­re­re Jahr­zehn­te weit­aus höher als von der BAG ein­ge­rech­net sein und erst all­mäh­lich sin­ken. Wenn die Höhe der Ren­ten sich nicht mehr am frü­he­ren Ein­kom­men ori­en­tie­ren wür­de, wür­de das zudem den Wider­stand gegen hohe Abga­ben­sät­ze ver­stär­ken, weil für gro­ße Tei­le der Bevöl­ke­rung zur Lebens­stan­dard­si­che­rung im Alter dann noch mehr pri­va­te Vor­sor­ge erfor­der­lich wäre – zur Freu­de der Versicherungskonzerne.

Ste­fan Wolf unter­stellt mir dann, dass ich mir eine Finan­zie­rung des BGEschlicht­weg nicht vor­stel­len kön­ne, weil ich es ableh­ne. Aller­dings behaup­te ich nir­gends, dass die Finan­zie­rung eines BGE in der von der BAG gefor­der­ten Höhe unmög­lich sei. Ich wei­se ledig­lich nach, dass das Kon­zept und die Berech­nun­gen der BAG nicht auf­ge­hen und weit­aus höhe­ren Abga­ben­sät­zen und Belas­tun­gen für die brei­te Mehr­heit der Bevöl­ke­rung erfor­der­lich wären, als es die BAG behaup­tet. Ste­fan Wolfs Ein­wän­de ändern dar­an nichts. Die von der BAG auf die­ser Basis behaup­te­ten Ver­tei­lungs­wir­kun­gen sind unzu­tref­fend und mas­siv geschönt.

An ande­rer Stel­le ist vor­ge­rech­net (sie­he ver.di Wirt­schafts­po­li­ti­sche Infor­ma­tio­nen 4/2017, S. 5ff.), dass für ein lin­kes BGE Gesamt­ab­ga­ben­quo­ten von an die 80 Pro­zent auf alle Ein­kom­men ab dem ers­ten Euro erfor­der­lich wären. Ste­fan Wolf hält das für unpro­ble­ma­tisch und mit mehr Per­so­nal für die Bekämp­fung von Schwarz­ar­beit zu bewäl­ti­gen. Ich hal­te das für unrea­lis­tisch und für pro­ble­ma­tisch, der­ma­ßen inten­si­ve und flä­chen­de­cken­de Kon­trol­len durch­zu­füh­ren.

Bei der Fra­ge der Aus­wir­kun­gen eines BGE auf die Arbeits­ein­kom­men geht es dar­um, wie der Arbeits­markt im Kapi­ta­lis­mus funk­tio­niert. In den ange­ge­be­nen ver.di Wirt­schafts­po­li­ti­sche Infor­ma­tio­nen 4/2017 ist auf S. 9f. wei­ter­ge­hend begrün­det, wie­so die Vor­stel­lun­gen der BGE-Anhän­ge­rIn­nen hier unrea­lis­tisch sind und ein BGE mas­si­ven Druck auf Löh­ne und Arbeit­neh­mer­rech­te aus­üben wür­de. Ein BGE wür­de nichts dar­an ändern, dass Arbei­ten, die gerin­ge oder sehr reich­lich vor­han­de­ne Qua­li­fi­ka­tio­nen erfor­dern und für die es höhe­res Ange­bot als Nach­fra­ge an Arbeits­kräf­ten gibt, nied­ri­ge Löh­ne erzie­len. Nach allen empi­ri­schen und inter­na­tio­na­len Erkennt­nis­sen führt nur eine star­ke gewerk­schaft­li­che bzw. tarif­li­che Regu­lie­rung der Löh­ne zu weni­ger Lohn­un­gleich­heit, Indi­vi­dua­li­sie­rung der Lohn­fin­dung dage­gen zu mehr Ungleich­heit. Für mehr Gerech­tig­keit, Frei­heit und Gestal­tungs­spiel­räu­me in der Arbeit sind gesetz­li­che und tarif­li­che Rege­lun­gen nötig, ein BGE wür­de das nicht leis­ten. Erst recht wäre ein BGE kein Schritt zur Über­win­dung des Kapi­ta­lis­mus, son­dern dafür sind sozia­lis­ti­sche Umge­stal­tun­gen der Pro­duk­ti­ons- und Eigen­tums­ver­hält­nis­se not­wen­dig. Die For­de­rung nach einem BGE leis­tet das nicht, son­dern lenkt davon ab.